Das Orsini im «Mandarin Oriental Savoy» serviert Poulet als Prestige-Gang (2024)

Das Orsini im «Mandarin Oriental Savoy» serviert Poulet als Prestige-Gang (1)

Nachgewürzt

Wolfgang Fassbender

Gastrokritik

Wolfgang Fassbender Nachgewürzt

Das Orsini im «Mandarin Oriental Savoy» serviert Poulet als Prestige-Gang (2)

Im Gourmetrestaurant Orsini im «Mandarin Oriental Savoy» in Zürich sollte man zweimal essen gehen: einmal für die salzigen Speisen und einmal, um alle verfügbaren Desserts hintereinander zu testen.

An hochklassigen Mitarbeitern mangelt es nicht im Restaurant Orsini – aber man muss sich erst einmal ein bisschen zurecht- und herausfinden, wer für was zuständig ist. Der Koch Antonio Guida, der in Mailand zwei Michelin-Sterne ergatterte, wird auf der Website zwar genannt, doch der Mann ist nicht ständig vor Ort, sondern führt eher die Oberaufsicht und überträgt das Tagesgeschäft seinem Schüler Dario Moresco.

Die Desserts wiederum stammen – was aber nur der erfährt, der sich erkundigt – von Andy Vorbusch, dem Chefpatissier des «Mandarin Oriental Savoy», der auch Erfahrungen aus der Drei-Sterne-Gastronomie mitbringt. Und natürlich muss man auch das Serviceteam nennen und Matteo Rimoldi als kenntnisreichen, über ein individuell zusammengestelltes Weinsortiment gebietenden Chefsommelier sowie Oleksandr Samara als Restaurantleiter erwähnen.

Das neue «Orsini» ist besser denn je

Wie überschaubar das Restaurant ist, das ja schon zuvor unter diesem Namen existierte, merkt man daran, wie schwer es mittlerweile geworden ist, einen Platz zu bekommen. Selbst am Mittag bleibt oft nichts mehr frei, und der Abend ist eh gefragt. Wer doch Glück hat, entdeckt ein elegantes Ambiente, hell und puristisch, aber alles andere als eindimensional.

Die von Livia Marin entworfenen Porzellan-Installationen lockern den Raum ebenso auf wie Teller und Besteck. Alles hat Stil – und man fragt sich unwillkürlich, wo italienische Gastronomie in Zürich zuletzt ähnlich ambitioniert wirkte. Schnell kommt der an mediterraner Verfeinerung interessierte Gast dann aufs «Ornellaia» unter der Leitung von Antonio Colaianni, das ja nur noch in veränderter Form weiterbesteht.

Viel investiert wurde nicht nur ins Personal und in die Inneneinrichtung, auch die Speisen wurden mit einem auch in der gehobenen Gastronomie nicht selbstverständlichen Produktbewusstsein zusammengestellt. Wir merkten es schon bei den ersten Kleinigkeiten, aber dann erst recht bei der warm servierten Bernsteinmakrele mit mariniertem rotem Chicorée aus dem italienischen Gorizia, Noto-Mandelmilch und Kaviar. Anders als so oft war Kaviar hier kein Show-Element, sondern kontrastierte auf sehr logische Weise mit der Sauce.

Geschmackliche Spannung schafften auch die Spaghetti mit Krabbenfleisch, Miesmuschel-Weisswein-Coulis und marinierter Zitrone. Meereswürze, Säure, Frische, dazu die eine gewisse Fülle liefernden Teigwaren. Das war ausgezeichnet und auf einem ähnlichen Niveau wie die mit Fasan gefüllten hausgemachten Tortelli samt Schwarzwurzel und Anis in der Sauce.

Das Bressehuhn als Vorzeige-Speise

Ein bisschen verblüfft waren wir anschliessend beim Hauptgang. Das ganze Bressehuhn in der Salz-Heu-Kruste kostete nämlich bei unserem Besuch 120 Franken, was wir als zu billig empfanden; mittlerweile steht es mit völlig berechtigten 150 Franken auf der Karte. Kaufen Sie einmal ein Bressehuhn für zu Hause, dann wissen Sie, warum das immer noch fair ist.

Der Vogel wurde am Tisch gezeigt, dann zum Tranchieren fortgebracht. Seine Brust kam als erster Gang schliesslich mit Rübstiel, Paprika aus dem italienischen Senise und einer herrlich süffigen Malvasiasauce; die Schenkel hätte man später kaum wiedererkannt, denn das Fleisch war ausgelöst und zu einem Quader geformt worden; eingelegtes Gemüse und schwarze Zitrone schufen erneut einen sehr spannenden Kontrast.

Die Konzeption der Desserts wurde im Restaurant Orsini ebenso wie im Zweitrestaurant, der Brasserie Savoy, an Andy Vorbusch delegiert. Eine alles andere als selbstverständliche Entscheidung, denn oft wollen die Küchenchefs auch den süssen Bereich in ihrer Hand behalten. Doch Vorbusch, der zuvor im «Park Hotel Vitznau» nicht alles zeigen konnte, läuft hier zu grosser Form auf.

Erst Fior di Latte mit Safransauce, ein Pré-Dessert, bei dem man Löffel um Löffel neue Akzente entdeckte. Dann Kürbis-Chibouste mit Kürbiskernen und Kürbiskernöl, durchaus ungewohnt und durch die herb-bitteren Noten von Öl und Kernen eine Herausforderung, auch Kümmel war mit von der Partie und stach nicht hervor. Rechnet man noch die abschliessenden Kleinigkeiten dazu, kommt man zum Schluss, dass man zweimal ins Restaurant Orsini gehen sollte. Einmal für die salzigen Speisen, einmal, um alle verfügbaren Desserts hintereinander zu essen.

Auf einen Blick

Adresse

Restaurant Orsini
im Hotel Mandarin Oriental Savoy
Waaggasse 7
8001 Zürich

Kosten

Hauptgerichte kosten ab 62 Franken, das Menu ist ab 155 Franken zu haben.

Bewertung

Küche: 8.5/10
Gastkultur: 9.5/10

Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.

Der Besuch erfolgte auf Einladung.

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